Die Theatergruppe des Gymnasiums Gaimersheim, die ManiacTs, begeistern zweimal die Zuschauer in der vollbesetzten Aula mit „Grimm 200.13“. Das Theaterstück hat die Gruppe in den Wochen und Monaten zuvor selbst verfasst und mit „theatralem“ Leben gefüllt.

„200 Jahre! 200 Jahre! Keine Action! Kein Spaß! Nichts Neues!“ Mit diesen Worten startete „Die Böse“ (Leona Ballauf) auf der Bühne des Gymnasiums Gaimersheim ihren flammenden Appell, in dem sie versucht, berühmten Grimm-Märchenfiguren klarzumachen, wie langweilig doch mittlerweile ihr Märchendasein geworden ist. Denn alle diese Figuren machen seit dem Jahreswechsel 1812/13, dem Zeitpunkt, als Grimms Kinder- und Hausmärchen das erste Mal erschienen sind (daher auch die 200 im Titel), immer das Gleiche. Rumpelstilzchen (Hannah Koch), Schneewittchen (Lara Reif), Rotkäppchen (Marie Schröter) und das ständig schlafende Dornröschen (Melanie Sittner) lassen sich schließlich zum Verlassen der Märchenwelt und damit zum Gang in die Menschenwelt überreden.

Eigentlich könnte man denken, dass die durchwegs aus der 7. und 8. Jahrgangsstufe kommenden Jugendlichen schon zu alt für diese typischen Kindermärchen sind. Doch ganz im Gegenteil entstaubt die Gruppe die Motive der Brüder Grimm, passt sie inhaltlich an ihr eigenes Alter und die heutige Zeit an und macht zum Beispiel aus den sieben Zwergen mal schnell sieben pubertierende Zwerginnen (Franziska Mattheis, Veronika Zieglmeier, Daniela Völz, Barbara Vogel, Milena Kärsch-Kleine, Lucia Schiebel, Leonie Morich) die richtig rot werden, als sie von dem süßen Menschenjungen Hannes (als einziger tapferer männlicher Schauspieler: Rafaél Börner) zusammen mit seiner Schwester Greta (Laura Genes) – sozusagen als moderne Hänsel und Gretel - eingeladen werden, gemeinsam auf die Suche nach der Bösen zu gehen, die das Gedächtnis an alle Grimm-Märchen auslöschen will. Die Oma von Greta und Hannes (Constanze Ludwig) hatte davor beim Vorlesen eines Gute-Nacht-Märchens festgestellt, dass immer mehr Seiten aus ihrem Grimm-Buch fehlen. Die Grenzen zwischen Märchen- und Menschenwelt verschwimmen dabei immer stärker. Nach dem Prinzip „Spiel im Spiel“ wurden einzelne Märchen oder Märchenfiguren mehr oder weniger ausführlich in das Stück eingebunden und in beiden Welten mit ihren jeweiligen Eigenheiten eingesetzt. So wird beispielsweise aus dem Aschenputtel das ständig arbeitende Mädchen Annalena (Fiona Ruppert), aus der Hexe und der bösen Stiefmutter ihre verständnislosen Eltern (Anna Schnitter und Franka Bäuerlein) und aus Rapunzel ihre immer telefonierende und Haare kämmende Schwester Ronja Punzel (Anna Speth). Darüber hinaus wird der gestiefelte Kater zum Schmusekätzchen (Emilia Eißmann) und der Froschkönig zu einem wahren Gentleman (Christine Werner), der Gretas gefakete Designertasche aus dem Wasser fischt. Natürlich darf in beiden Welten der allwissende und ziemlich verplante Spiegel nicht fehlen (Tamia Hainzinger), der bei den Fragenden oft mehr Irritation als Klarheit hervorruft.

Das gesamte Theaterstück war als modernes Märchen angelegt, in dem unter anderem das klassische Motiv des Kampfes Gut gegen Böse  zu einem harmonischen und überraschenden Ende gebracht wurden. Umso bemerkenswerter ist dies, da die Idee für die Handlung und die einzelnen Szenen alle aus der jugendlichen Schauspieltruppe selbst kamen und unter der Leitung von Hans-Peter Schneider und Andrea Breindl durch verschiedenste Möglichkeiten der theatralen Arbeit mit Leben gefüllt wurden.

Umrahmt wurde das Ganze vom wunderbar aufsingenden Schulchor unter der Leitung von Andreas Hilz. Dieser bot von rockigen Songs über wunderschöne Balladen bis hin zum allseits bekannten Volkslied „Hänsel und Gretel“, das angelehnt an die beiden Menschenkinder in „Hannes und Greta“ umgetextet wurde, eine große Bandbreite an mitreißenden Liedern. Schauspiel und Musik, Einfallsreichtum und Vielfältigkeit, Fantasie und Wirklichkeit, Enthusiasmus und Einsatzfreude der Schülerinnen und Schüler, all das vermischte sich in „Grimm 200.13“ zu einem wundervollen Stück, das während und am Ende der Aufführung immer wieder mit Applaus belohnt wurde und sowohl den Zuschauern als auch allen Beteiligten einen märchenhaften Abend bescherte, an dem die Brüder Grimm selbst großes Gefallen gefunden hätten.

 


„Die Böse“ (Leona Ballauf, rechts) versucht Hannes (Rafaél Börner) in ihren Hexenpalast zu ziehen; Greta (Laura Genes) gibt alles, um sie daran zu hindern. Als Hintergrundbild dienen Franka Bäuerlein, Anna Speth, Fiona Ruppert und Anna Schnitter (v.l.)

 

Mit einem märchenhaften und grimmwürdigen Ende verabschiedeten sich die Maniacts mit den Worten „Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute.“

 

Der etwas andere Spiegel (Tamia Hainzinger, rechts) erklärt der bösen Stiefmutter (Anna Schnitter) gerade, dass Schneewittchen nicht mehr da ist. Fiona Ruppert und Daniela Völz im Hintergrund (v.l.) bilden den Spiegel.

 

Am Ende des Märchens wird zwischen der klugen Bauerntochter (Leona Ballauf) und dem König (Tamia Hainzinger) doch alles gut,  was Dornröschen (Melanie Sittner (links)) und Aschenputtel (Marie Schröter) intensiv beobachten

 

„Hey, du kommst hier nicht rein!“ - Der Prinz bei Dornröschen muss nicht die Dornenhecke, sondern eine Wand aus Türstehern überwinden (v.l. Anna Speth, Franka Bäuerlein, Emilia Eißmann, Veronika Zieglmeier, Barbara Vogel, Christine Werner, Lucia Schiebel und Leonie Morich)